Können wir Gedanken lesen?
Ein Gastartikel von Alexander Schelle
Die häufigste Frage nach meinen Shows und Vorträgen ist, können wir wirklich Gedanken lesen? Und die Antwort ist sehr einfach. Natürlich können wir Gedanken lesen! Allerdings nicht so, wie es sich die meisten Menschen vorstellen.
Wir können unsere Kommunikationspartner nicht lesen wie ein Buch, Wort für Wort, sondern etwas gröber, Kapitel für Kapitel. Ich muss das was ich sehe am Ende zusammenfügen und aus meinen Erfahrungen und mein Wissen die nötigen Rückschlüsse ziehen. Wie diese Kapitel aussehen, werde ich noch erklären.
Das Thema ist auch für die Wissenschaft sehr interessant und man ist schon lange Zeit auf der Suche wie man Gedanken lesen kann. In unterschiedlichen Studien konnte man mit einem bildgebenden Verfahren in einem fMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie) Gedanken sichtbar machen.
Japanische Wissenschaftler zeigten schon 2008 den Versuchspersonen Buchstaben und sie versuchten durch die Aktivität im Gehirn das nachzubilden, was der Proband gerade sieht. Das Ergebnis waren keine klaren Bilder, aber die Buchstaben waren schemenhaft zu erkennen.
In anderen Studien versuchten Wissenschaftler dies mit Videos nachzustellen und auch wenn die Personen aus den Videos nicht klar erkennbar waren, konnte man sie schemenhaft auf dem richtigen Platz sehen.
Es ist also möglich aus unserer Gehirnaktivität ein Ergebnis zu produzieren, dass an das Bild erinnert, was die Versuchsperson gerade sieht. Allerdings ist die Übersetzung vom Gehirn zum Ergebnis heute noch zu grob, um wirklich Details zu erkennen. Diese Studien sind wirklich sehr interessant da wir immer mehr begreifen, wie wir denken und Informationen aufnehmen. Sie helfen uns aber nicht im täglichen Leben, um Andere besser zu verstehen.
Wenn es schon die Computer nicht können, wie kann ich dann behaupten, dass alle Menschen Gedanken lesen können? Ein Computer hat keine Vorerfahrungen wie wir, er sieht auch keine Gefühle und Emotionen und viele weitere Details. Ein Computer kann nur das auswerten, was er als Informationen bekommt.
Wir dagegen besitzen mit unserem Gehirn das komplexeste Gebilde im Universum und das nutzen wir auch um Menschen zu lesen. Nicht immer mit dem richtigen Ergebnis, aber dafür vollautomatisch!
Wir reagieren beim Autofahren auf spielende Kinder anders als auf ein älteres Ehepaar beim Sparzierengehen. Wir erkennen an der Fahrweise häufig schon die Absicht zum Spurwechsel, bevor es der andere Autofahrer anzeigt. Wir können erkennen, ob uns jemand wohlgesonnen ist oder uns eher feindselig gegenübertritt.
Dafür müssen wir oftmals den anderen überhaupt nicht sehen, sondern wir können das auch am Telefon wahrnehmen. Für diese Eindrücke müssen wir nicht nachdenken, sie passieren in unserem Unterbewusstsein und unsere Reaktion darauf sind ebenso ein automatischer Prozess.
Jegliche automatische Reaktion auf Andere ist die Ansammlung all unserer Erfahrungen. All das, was wir täglich erleben und konsumieren, wird in ruhigen Momenten, ich spreche dabei vom hypnotischen Zustand, von unserem Unterbewusstsein bewertet und abgespeichert oder verworfen. Diesen Prozess starten wir als Embryo und ist aktiv bis zum letzten Tag unseres Lebens.
Bei der Bewertung unseres Unterbewusstseins verwerfen wir alles, was uns nicht wichtig ist, dagegen alles was wichtig ist wird durch neue Nervenbahnen (Synapsen) gefestigt. Das bedeutet für uns, wir können bewusst entscheiden, mit welchen Informationen wir unser Unterbewusstsein füttern. Lesen wir lieber die Bild oder die Süddeutsche Zeitung, schauen wir RTL2 oder die Tagesthemen und mit wem verbringen wir den Tag? Tut er/sie uns gut oder nicht?
Auf das Lesen von Menschen runtergebrochen heißt das, interessiere ich mich für Menschen, beobachte ich ihre Verhaltensweisen und verstehe zukünftig deren Handlungsweisen besser?
Damit dürfte klar sein, wer den ganzen Tag vor dem Computer sitzt und programmiert, wird wenn er zur Ruhe kommt sein Unterbewusstsein mit der Lösung von Problemen in der Programmierung beschäftigen.
Dagegen kommunikative Menschen interessieren sich für Andere und nehmen viel mehr Informationen von ihnen auf und ihr Unterbewusstsein speichert deren Verhaltensweisen.
Beides führt dazu, dass ihre Talente noch mehr trainiert werden und sie zu noch besseren Programmierer oder Menschenkenner werden.
Ich hatte zu Beginn geschrieben, Menschen kann man nicht Wort für Wort lesen, sondern Kapitelweise. Dies ist zu Beginn so einfach, dass dies auch dem größten Menschenfeind leicht fällt.
Stell dir folgende Fragen, wenn du jemand betrachtest:
- Welches Geschlecht?
- Welche Altersgruppe?
- Aussehen (Kleidung, Accessoires, (Un-)Gepflegt …)
- Körpersprache (Mimik, Gestik, offen/verschlossen, dynamisch …)
- Sprache (Dialekt, laut/leise, schnell/langsam …)
- Woher könnte die Person kommen?
- Welchen Job könnte die Person haben?
- Usw.
Aus all diesen Merkmalen berechnet unser Unterbewusstsein ein Bild, wie man am besten mit dieser Person agieren sollte. Aufgrund unserer Vorerfahrungen kann das Ergebnis unterschiedlich sein. Wer mal einen kleinen Chef hatte, mit dem er Probleme hatte, wird zukünftig bei kleinen Männern vorsichtig sein. Dies ist wie bei der Angst vor Hunden, unsere Vorerfahrungen machen uns vorsichtiger.
Um zukünftig Menschen besser lesen und entschlüsseln zu können, empfehle ich meinen Seminarteilnehmern immer das Gleiche.
Offener durchs Leben gehen!
Mehr zu beobachten, mehr einzuschätzen, auch wenn man mal falsch liegt und die Interaktion mit Menschen zu suchen.
Umso mehr wir mit Menschen interagieren umso mehr werden wir sie auch verstehen und ihre Wünsche und Ziele erkennen, bevor sie ausgesprochen werden.
Viel Spaß beim Umsetzen!
Alexander Schelle
https://www.alexander-schelle.de/
Alexander Schelle ist Mentalist und Hypnotiseur und neben seinen Shows und Vorträgen gibt er seine Erfahrungen in seinem Coaching Programm zur emotional intelligenten Kommunikation weiter.
Weitere Informationen und ein kostenloses Webinar gibt es hier: https://www.emotional-intelligente-kommunikation.de/